Kapitel 19 - Ein feuriger Sommer empfängt
#20 of Drachenkrieg
Kerr tauchte in das glühende Magma ein, doch spürte er weder dessen höllische Hitze, noch ging er sofort in Flammen auf. Stattdessen sank er einfach nur, wie ein schwerer Stein es im Wasser tat und dabei immer näher zum Grund kommt. Ein faszinierendes wenn auch gleich komisches Gefühl für den Wyvern welcher noch eben in einem erbitterten, zum Ende hin scheinbar aussichtslosen Kampf gegen Lena, eine Hexe welche ihn „prüfen" sollte kämpfte.
Was passiert hier mit mir? Warum....bin ich noch...am leben?, fragte er sich beim sinken, blickte in das glühende Meer um sich herum als ihm plötzlich die letzten Worte Lenas ins Gedächtnis kamen:"Wenn du überlebst, dann bist du würdig." War das die Bestätigung, das er tatsächlich würdig war, oder wehrte sich sein Verstand hiermit gegen den Gedanken, tot zu sein? Kerr stellte sich beide Fragen hintereinander, doch schien nur eine von beiden richtig zu sein und ihm war klar, welche es war.
Ich hab es geschafft, ich bin tatsächlich würdig!, jubelte er lächelnd während er sich gleichzeitig fragte, was jetzt mit ihm geschehen würde und wo dieser Fall sein Ende finden würde. Wenigstens habe ich schon einmal den ersten Schritt gemacht, da kann der nächste auch ruhig einen Moment auf sich warten lassen.....außerdem ist das hier grade recht angenehm. In der Tat war das Gefühl, welches Kerr beim sinken hatte ebenso beruhigend wie angenehm, die Schmerzen seiner Verletzungen schien verschwunden zu während der Wyvern beruhigt die Augen schloss um den Moment komplett auf sich wirken zu lassen. Hier konnte er sich gehen lassen, nachdenken und sich seiner bewusst werden, bis es schließlich ein plötzliches sowie unangenehmes Ende nahm.
Kerr schien durch etwas hindurchgefallen zu sein, jedenfalls fühlte sich so der kurze Widerstand auf welchen sein Kopf traf an. Wie von Zauberhand gelenkt bewegte sich sein kampfgeschundener Körper in eine horizontale Position bevor er unsanft, durch seine Verletzung umso unangenehmer auf dem harten Felsboden aufschlug. Kurz krümmte er sich vor Schmerz, spürte das Stechen, ziehen und drücken überall an seinem geschuppten Körper und vor allem an seinen Rippen als er sich mit größter Vorsicht aufrichtete und dann mit gleichbleibender Vorsicht endgültig aufstand.
Seine Augen untersuchten die Umgebung während sein Geist versuchte, sie zu verstehen: er befand sich auf einer Insel umgeben von Magma und das nicht um sie herum, sondern auch über ihm floss, jeden Zentimeter des Himmels bedeckte während sie um das, was womöglich eine durchsichtige Schutzwand sein sollte umgab. Rot-glühendes Magma war überall um ihn herum, was dem Wyvern nur eine Schlussfolgerung erlaubte:"Scheint als wäre ich am tiefsten Punkt des Vulkans angelangt. Aber warum ist hier ein fester Boden und vor allem, was soll diese Mauer die das Magma abhält? Hier stimmt doch etwas nicht."
Grübelnd beobachtete der Wyvern das beeindruckende Schauspiel, welches ihm das Magma bot und verlor sich dabei darin. Seiner Meinung nach müsste sich so das Gefühl, im Auge eines Sturms zu stehen anfühlen, wobei es in diesem Fall kein Sturm aus Wasser und Wind war, sondern einer aus Feuer und Gestein welches weder weiß und blau sich in helles rot, gelb, orange und schwarz ergab. Man könnte fast meinen, er wäre gerade in einer völlig anderen Welt, eine, welche gerade aus dem Schmelztiegel ihres Schöpfers kam und darauf wartete, in Form geschlagen zu werden.
Unbemerkt, ohne ein Anzeichen für ihre Ankunft zu machen, tauchten zwei Personen vor und hinter Kerr auf ehe ihr Blick auf den ahnungslosen Wyvern zwischen ihnen fiel. „Das ist als der neue, der nächste Träger.","Beginnen wir mit dem Test."
Plötzlich bemerkte Kerr, dass er nicht mehr allein war. Seine Augen erkannten zwei Personen, eine Sergalin vor und ein Wyvern hinter ihm, beide mit einem starren, nichtssagendem Gesichtsausdruck welcher vermuten ließ, dass sie ihn jede Sekunden angreifen würden. „Ausgerechnet jetzt?", ärgerte Kerr sich verständlicherweise im Hinblick auf seine Verletzungen, welche bestimmt nicht zu seinem Vorteil dienlich sein werden.
„Ach egal, wenn sie kämpfen wollen, gebe ich ihnen einen Kampf!" Um es für sich leichter zu machen, sah er dies als einen weiteren Test des Herzens an weswegen er sein bestes geben wollte, um am Ende doch nicht als würdig genug dazustehen. Also stellte er sich den beiden neuen Gegnern, tat sein bestes um die Schmerzen zu ignorieren damit er sich komplett auf den Kampf konzentrieren konnte. Er ging in seine übliche Kampfhaltung, atmete tief durch ehe es begann. Sergalin und Wyvern griffen ihn fast zeitgleich an wobei sie scheinbar die Taktik verfolgten, Kerr dem jeweils anderem in die Arme zu spielen was ihn in eine relativ schwierige Position brachte da er sich auf diese Weise auf keinen der beiden festzulegen sondern musste auf beide gleichermaßen Acht geben was durch seine Erschöpfung aus dem vorherigen Kampf welche seine Reaktionszeit erheblich verringerte und dementsprechend anfällig für kleine, kritische Angriffe von Seiten des Wyvern ermöglichte.
Von diesen zuerst aus der sicheren Haltung gebracht, beendete die Sergalin es mit einem Tritt in seine Kniekehle welchem ein schneller, flacher Handschlag auf sein Brustbein folgte welcher Kerr unweigerlich zu Boden brachte und dort liegen ließ. Neue Schmerzen verbreiteten sich in seinem Körper, sammelten sich vor allem im Bein, der Brust und wie zuvor auch am Magen woraufhin er nur schmerzhaft knurrte und stöhnte, seine beiden Angreifer ignorierte damit er sich voll und ganz auf die Schmerzbewältigung fixieren konnte. Als sich alles nach einer langen Zerreißprobe einigermaßen beruhigt hatte, seine Zähne fest aneinandergepresst die Luft zwischen sich hindurchzogen und ausstießen schaffte er es, eine einzige Frage, gerichtet an Wyvern und Sergalin aussprechen:"Verdammt, was sollte das?"
Zunächst wortlos sahen sie ihn an als die Sergalin ihm plötzlich die Hand reichte damit er wieder auf die Beine kommen konnte, was Kerr jedoch ablehnte das er es gerade bevorzugte, liegen zu bleiben. „Wie du meinst.", erwiderte sie mit zuckenden Achseln als wäre es ihr im Endeffekt auch egal, setzte sich mit dem anderen Wyvern zu ihm als sie seine eben gestellte Frage beantwortete:"Wir wollten nochmal auf Nummer sicher gehen. Wissen ob du wirklich das Zeug hast, mit dem Drachenherz umzugehen." Da er mit einer solchen Antwort gerechnet hatte, lenkte Kerr ein, blieb jedoch noch immer sauer auf die beiden, da sie ihn in diesem Zustand überhaupt angegriffen haben.
„Ein echter Kämpfer kann immer kämpfen, egal wie verletzt er ist.", erwiderte der Wyvern in einem belehrenden Ton. Es war ein altes Wyvernsprichwort welches er da verwendete, weswegen Kerr garnicht erst versuchte, dem zu widersprechen und sich stattdessen ein paar Antworten auf seine nächsten Fragen holte:"Wer seid ihr und wie seid ihr hierhergelangt? Denn ich kann mich nicht daran erinnern, euch irgendwo beim Vulkan gesehen zu haben." Erneut beschloss die Sergalin, seine Fragen zu beantworten wobei sie mit einer Vorstellung ihrer Person begann."Also mein Name ist Ivana. Und unser Wyvernfreund hier heißt-","Dschinn."
Beim Blick auf Dschinn bemerkte Kerr sofort, dass er kein Wyvern aus Sommerhafen war, dafür waren seine Schuppen mit ihrem rostbraunen Farbton viel zu dunkel, außerdem konnte er sich nicht daran erinnern, ihn je dort gesehen zu haben. Seiner Kleidung nach zu urteilen war ein Gelehrter oder Geistlicher, dafür sprach als klares Indiz die violett-schwarze Robe, welche über eine leichte Silberrüstung gelegt war, ebenso ein Indiz hierfür war die schwarze Halskette um Dschinns Hals; an den Einkerbungen in den einzelnen Segmenten der Kette ließ sich leicht erkennen, dass Dschinn kein gewöhnlicher Wyvern war.
„Eine Mehákenkette, nicht war?", fragte er um seine Theorie zu bestätigen und was durch ein Nicken des rostbraunen Wyvern schließlich beantwortet wurde. Seine Augen hatten denselben tiefblauen Schimmer wie Kerrs, jedoch wirkte ihr Blick weitaus älter und müder als es seiner tat. Ivana hingegen sah mit ihrer Rüstung, dem wachen, stets einsatzbereiten Blick ihrer feuerroten Augen aus wie eine richtige Soldatin die nur auf den Befehl zum zuschlagen wartete. Ihr silbernes Fell hatte wie das Fell aller Sergalen einen zweiten Farbton welcher Rücken, Arme, Oberschenkel und Ohren bedeckte: bei Ivana war dies ein tiefes weinrot.
Dschinn und Ivana sahen mit ihrer völlig unterschiedlichen Kleidung aus als stammten sie aus zwei völlig verschiedenen Welten, was Kerr welcher noch immer zwischen ihnen lag ungemein faszinierte. „Jetzt zu deiner anderen Frage, nämlich wo wir herkommen und wieso du uns nicht am Vulkan oder auf deinem Weg zu dessen Schlot gesehen hast. Nun um ehrlich zu sein, waren wir die die ganze Zeit bei dir Kerr und das bereits seit einem Monat, seit du uns in der Gruft auf der Insel entdeckt hast."
Plötzlich, kaum das Ivana ihren Satz beendet hatte, richtete Kerr sich auf, sah sie und Dschinn sprachlos an ehe er mit nervöser Stimme fragte:"Ich...ich bin im...Drachenherz?" Sowohl Dschinn als auch Ivana nahmen die scheinbar unmögliche Frage auf, beantworteten sie jedoch nicht was Kerr als Antwort reichte und ihn zu einer neuen Frage, nämlich wie das überhaupt möglich sei brachte, ebenso wollte war er daran interessiert zu erfahren, wie er von diesem Ort wieder zurück in die reale Welt kommen konnte.
„Es gibt eine Möglichkeit, doch vorher müssen wir mit dir reden. Glaub mir wenn ich dir sage das es ein wichtiger und vor allem abschließender Bestandteil des Rituals ist das wir dieses Gespräch führen.", erklärte Dschinn zur Beruhigung und erzählte dann recht kurz und bündig, wie er zum Drachenherz kam und wie sein Weg zum Ritual hin verlief. Dschinn bekam das Drachenherz als Geschenk von seinem damaligen Lehrmeister welcher ihn in sämtliche Züge der Spiritualität der Meháken unterwies und dort trainierte.
Viele Jahre verbrachte er dann damit, dass Drachenherz eingehend zu studieren, von ihm zu lernen bevor er sich dazu entschloss, eine engere Verbindung mit ihm einzugehen. „In meinem Leben habe ich viele Moment der totalen geistigen Klarheit erlebt, doch keiner davon war zu vergleichen mit dem Moment, welchen ich durch Verbindung mit dem Drachenherz erfuhr. Ich erkannte, dass ich Teil von etwas größeren, etwas, das über das bloße Sein hinausging. Es wurde der Wegweiser, den ich so lange gesucht habe." Für Dschinn hatte das Drachenherz eine erleuchtende Funktion welche ihm seinen Pfad aufgezeigt hatte und ihn bis an dessen Ende begleitet hatte.
Ivanas Geschichte über den Fund des Drachenherzens war mit Dschinns nicht zu vergleichen. Vor etwas neunhundert Jahren, ein Jahrhundert nachdem die Nephilim ausgelöscht und aus dem dadurch entstandenen gewaltigen Machtvakuum ein Krieg um die Vorherrschaft entbrannte, fand sie es in den Trümmern eines zerstörten Tempels nahezu unversehrt zwischen den übrigen dort gelagerten Schätzen. Obwohl sie alles hätte nehmen können beschloss sie, lediglich das Drachenherz als Andenken an ihren Sieg zu nehmen. Lange Zeit schenkte sie ihrem Schatz keinerlei Beachtung, sah ihn irgendwann als eine Art Glücksbringer welcher sie durch die folgenden Gefechte brachte bis sie eines Tages begann, die Art mit welcher die Sergalen Krieg führten begann in Frage zu stellen.
Irgendwann konnte sie es nicht mehr ertragen, verließ daraufhin die Armee und suchte einen neuen Weg, etwas zu erreichen, etwas in der Welt in bewegen. „Es stellte sich heraus, das ich nicht die einzige Person war, die auf der Suche nach ihrer Bestimmung war." Sie erwähnte zwei weitere Personen wovon einer das Schattenherz bei sich hatte. „Gemeinsam konnten wir das, was wir einzeln nicht geschafft haben erreichen, nämlich etwas in der Welt zu bewegen."
Beide, sowohl Dschinn als auch Ivana, stammten aus verschiedenen Epochen der Geschichte: Dschinn aus der Zeit der Nephilim und Ivana aus der Zeit nach den Nephilim; beides Zeiten in welchen Krieg, Verwüstung und vor allem der Tod ein ständiger Begleiter war. Das erstaunlichste war jedoch die Zeitspanne, die zwischen Dschinn, Ivana und Kerr lagen: zehntausend Jahre waren es in denen das Drachenherz unzählige Male seinen Besitzer wechselte, von diesen hat sich jedoch nur ein Dutzend dem Ritual des wahren Erwachens gestellt und von diesen haben es bisher lediglich Dschinn, Ivana und schließlich auch Kerr soweit gebracht, dass sie sich an diesem Ort, dem Inneren des Drachenherzens wiederfanden um nun miteinander sprechen zu können.
Für einen bloßen Zufall hielt Kerr dies bestimmt nicht, dafür klangen die Geschichten, welche der Wyvern hörte viel zu identisch, fast als wären die Sergalin und der Wyvern dazu auserwählt worden, das Drachenherz an einem bestimmt Punkt der Geschichte zu tragen. Wieso ausgerechnet er jetzt hier war, sollte sich noch zeigen.
„Wie du mit Lena fertig geworden bist fand ich übrigens sehr beeindruckend, vor allem das du trotz ihrer überlegenen Feuermagie nicht zurückgewichen bist fand ich äußerst tapfer von dir.", lobte Ivana Kerr plötzlich wobei sie ihm auf die Schulter klopfte um dies zu verdeutlichen. „Erinnert mich an so manch aussichtslosen Kampf welchen ich am Ende dennoch gewonnen habe." Ihre Redensart war die einer waschechten Soldatin: immer den nächsten Kampf vor Augen, nie zurückblickend, immer nach vorne schauen und dennoch ein Gespür dafür, aus welcher Richtung Gefahr drohte.
Für sie stand es außer Frage, dass Kerr des Drachenherzens würdig war denn durch den Kampf gegen Lena hatte er bewiesen das er bereit war zu kämpfen, selbst wenn es keine Chance auf den Sieg gab. Da sie jedoch nicht als einzige hierüber entschieden konnte blieb ihr nichts anderes übrig, als das Urteil Dschinns abzuwarten.
Zum Glück war dieser ebenso angetan von Kerr, wie die Sergalin es vor ihm war:"Es gehört zum Leitsatz der Wyvern, einer jeden Herausforderung mutig und ohne einen Gedanken ans Verlieren zu verschwenden entgegenzutreten. So war und ist unsere Lebensessenz: Mut ihm Herzen. Als du Lena bekämpft hast, konnte sie dich nicht einmal für eine Sekunde von deinem Ziel, dich mit dem Drachenherz zu vereinen abbringen. Ebenso hast du uns mit deinem Kampf gegen uns, trotz deiner Verletzungen gezeigt, aus welchem Feuer du geschmiedet wurdest. Nämlich aus dem, aus welchem Helden gemacht werden Es ist also nicht von der Hand zu weisen das du Kerr, der nächste sein wirst, der das Drachenherz tragen wird."
Freude zeichnete sich in Kerrs Gesicht ab als er die Worte hörte, auf die er solange gewartet hatte. Endlich war er am Ziel angekommen, so dachte er jedenfalls. „Heißt das, dass ich mich jetzt mit dem Drachenherz vereinen und das Ritual beenden kann?", fragte er ungeduldig sowie aufgeregt, alle Strapazen der letzten Stunden und Tage vergessend als Ivana ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte und ein scheinbar letztes, dafür umso wichtigeres Thema ansprach:"Wie du dir denken kannst war es gewiss kein Zufall das du dir hier bist, Kerr. Tatsache ist, dass der Zeitpunkt nicht hätte besser sein können, denn es zieht ein Unheil am Horizont auf."
Auf einmal wurde Kerr ganz still, in seine übermäßige Vorfreude mischte sich eine leichte Angst vor dem, was die Sergalin da ansprach. Sofort wollte er wissen, was sie damit meinte und bekam dann, nicht von ihr, sondern von Dschinn die Antwort auf seine Fragen. Es waren dunkle Mächte, welche sich am Horizont zusammenziehen würden. Mächte, die so bösartig seien das sie vor nicht halt machen würden, nicht einmal vor denen, die keinerlei Schuld trifft. Kurz, das absolut böse träte wieder in Erscheinung.
Bei dem Wort „Wieder" lief es Kerr kalt den Rücken hinunter, ebenso unangenehm reagierte sein Magen mit einem unguten Gefühl welches ihm klar machte, dass seinem Körper diese Nachricht ganz und garnicht gefiel. Es ließ die frohe Botschaft, endlich das Ritual überstanden zu haben im Winde verwehen was ihm lediglich einen tiefen Seufzer entlockte. Leider konnte oder wollte Dschinn nicht so sehr ins Detail gehen, was ihm und den Rest der Welt bedrohte, jedoch erwähnte er das Schattenherz welches zusammen mit dem Drachenherz wieder in Erscheinung treten müsse, um diese Bedrohung zu bekämpfen.
„Es ist die Bestimmung dieser beiden Herzen, sich dem bösen entgegenzustellen. So war es zu meiner Zeit, zu Ivanas und schließlich zu deiner Zeit, Kerr. Es ist der Zyklus, welchem diese beiden Herzen folgen, ihr Schicksal wenn du es so nennen willst." Die Worte des rostbraunen Wyvern sprachen eine klare Sprache, es gab nichts, was man dazu interpretieren musste oder konnte, lediglich eine klare Aussage. Somit war auch die Frage, welche Kerr danach stellte so gestrickt, dass sie sich eigentlich von selbst beantwortete:"Und was passiert, wenn wir versagen?"
Klare Worten wurden gewünscht, klare Worte kamen aus Ivanas Mund:"Nun dann wird euch ein ähnliches Schicksal wie den Nephilim einst bevorstehen: die totale Auslöschung."
So schwer es ihm auch in diesem Moment fiel, die Fassung zu bewahren, gelang es Kerr, wenn auch unter größten Anstrengungen, diese Gradwanderung zwischen Ruhe und Panik einigermaßen zu meistern, auch wenn es ihm alles an Selbstbeherrschung die er aufbringen konnte abverlangte. Er holte tief Luft, stand dabei ohne fremde Hilfe auf als er sich alles, was er gerade erzählt bekam noch einmal vor Augen führte und sicherheitshalber fragte, ob sie sich da wirklich sicher seien.
Ivana Antwortete das Kerrs es gemerkt hätte, wenn dem nicht so wäre; was sie damit meinte brauchte sie nicht zu sagen, dafür war es viel zu offensichtlich. „Ich nehme einfach mal an das keiner von euch weiß, mit wem wir es hier zu tun haben oder?", fragte Kerr Ivana und Dschinn welcher nun auch aufgestanden waren, jedoch keine direkte Antwort für seine Frage parat hatten, lediglich eine Umschreibung in welcher sie sagten dass es zu viele seien, um einzelne Namen zu nennen, doch haben sie alle ein Gesicht, einen Plan und ein Ziel welches sie aus dem Schatten derer die sie kontrollieren beginnen Form annehmen zu lassen.
Kerr wandte sich von den beiden ab als er auf einmal das Gewicht dieser unglaublichen Bürde auf seinen Schultern spürte, gleichzeitig hatte er den ungebrochenen Willen, diese Bürde auf sich zu nehmen. Sich zu entscheiden fiel ihm aufgrund der Folgen der Ablehnung nicht gerade leicht da er nicht wusste, was ihm bevorstünde. Plötzlich fühlte er Dschinns und Ivanas Hand auf seinen Schultern liegen, bemerkte deren wohlige Wärme auf seinen Schuppen als diese sich bei ihm entschuldigten:"Verzeih uns...wir wussten, dass wir zu viel verlangen würden. Dennoch konnten wir nicht anders als es dir zu sagen."
Kerr nahm Ivanas befellte und Dschinns geschuppte Hand von seinen Schultern, drehte sich zu ihnen um als er erwiderte, dass es nichts gäbe, wofür sie sich entschuldigen müssten, schließlich taten sie nur, was sie für das richtige hielten. „Ich konnte ja schlecht damit rechnen, dass ich zwei ehemaligen Besitzern des Drachenherzens, vor allem auch noch zwei so starken Persönlichkeiten begegne! Außerdem bin ich doch hier, um mehr über das Drachenherz zu erfahren und wenn das bedeutet, dass ich dafür in den Krieg ziehen muss, dann schlage ich diesen Weg nur zu gerne ein."
Verwunderung sowie Bewunderung, dass war es was Kerr in Ivanas und Dschinns Gesicht ablesen konnte. Er hält das ganze für ein Abenteuer, sagte die silberne Sergalin im Gedanken zu Dschinn, welcher auf die gleiche Weise erwiderte: War es denn je etwas anderes? Lächelnd sah sie ihn an, bemerkte das schmale Lächeln welches seine Lippen formte und schüttelte lediglich den Kopf. Nein, das war es nie.
Kerrs Augen strahlten nur so vor Zuversicht, denn er war schließlich nicht der einzige, welcher mit dieser Aufgabe betraut wurde: Surasshu war mit dem Schattenherz ebenso ein Teil dieser Aufgabe, wie Kerr es mit dem Drachenherz war, außerdem war der Drache stets dabei, wenn sie auf Abenteuerreise gingen; ohne Surasshu war ein Abenteuer kein Abenteuer, sondern lediglich eine ganz normale, unspektakuläre Reise. „Wir schaffen das, zusammen können Surasshu und ich Berge versetzen!", prahlte er stolz und mit einem breiten Lächeln im Gesicht bei welchem seine spitzen Zähne gut zu erkennen waren. Sergalin und Wyvern standen diesem Enthusiasmus mit unterschiedlichen Gefühlen gegenüber, jedoch waren sie sich beide bei einer Sache einig: Kerr hatte sich das Drachenherz redlich verdient!
Erinnert mich an meine Reise mit dem Drachenherz, dachte Dschinn sich bevor er noch einmal sagte, dass Kerr tatsächlich ein würdiger Nachfolger war und dementsprechend bereit war, dass Ritual zu beenden. „Der Meinung bin ich aber auch.", fügte Ivana hinzu wobei sie Kerr ein letztes Mal auf die Gefahren und mögliche Veränderungen, welche ihn erwarten könnten warnte:"Wenn es soweit ist, wirst du dich womöglich nicht wiedererkennen. Damit will ich sagen, dass sich nicht nur dein Geist verändern wird, sondern vielleicht auch dein Äußeres."
„Also Sohn eines Schmiedes scheint mir das die höchste Form seines Handwerks zu sein; sich selbst neu zu formen, verbessern und mit neuen Augen die Welt sehen. Ein schöner Gedanke wenn man bedenkt, was mir noch so bevorsteht. Ich wollte schon immer mal was an mir verändern und was wäre das für eine Verschwendung, diese einmalige Gelegenheit jetzt sausen zu lassen?", meinte Kerr erwartungsvoll, bedankte sich aber trotzdem bei Ivana für diesen letzten Hinweis und fügte am Ende hinzu, das es allein Sache des Drachenherzens sei zu entscheiden, ob er neu geformt werden soll; wenn er aus einem neuen Feuer geschmiedet werden soll, soll es so sein.
„So kann nur ein wahrer Wyvern sprechen.", merkte Dschinn, fühlte sich durch Kerrs Worte ungemein lebendig und bestärkt in daran zu glauben, dass dieser noch junge Wyvern über sich hinauswachsen wird um dann wahre Größe zu erreichen.
Jetzt, wo wirklich alles geklärt war wollte Kerr wissen, wie er wieder zurückkommt. „Ganz einfach.", meinte Ivana. „Du musst einfach nur springen." Springen? Kerr wusste nicht ganz, was er mit dieser Anweisung anfangen sollte, schließlich ist er von oben hier heruntergefallen und schien nicht ganz zu verstehen, wieso er für den Rückweg erneut nach unten springen müsse. „So läuft es hier im Drachenherz: oben ist unten, links ist rechts, richtig ist falsch und so weiter und so weiter. Keine Sorge, man gewöhnt sich daran....irgendwann jedenfalls."
Neunhundert Jahre und Ivana schien noch immer nicht alles über das Drachenherz und dessen Geheimnisse zu wissen, wie sollte Kerr es dann in einer womöglich noch kürzeren Zeit schaffen? „Indem du deinen eigenen Weg gehst. Nur so findest du die Antworten auf die Frage, die du dir noch nicht gestellt hast.", antwortete Dschinn plötzlich, als hätte er die Gedanken des ockerfarbenen Wyvern gelesen. Für eine weitere Frage blieb keine Zeit mehr, schließlich war da ein Abenteuer, welches ihn den Wyvern mit offenen Armen erwartete!
Vor ihm tat sich eine Klippe auf, ein Blick hinunter verriet, dass sie direkt in das Magma hinein führte. Mutig trat Kerr an sie heran, holte noch einmal tief Luft, schloss die Augen bevor er sie langsam wieder öffnete als er merkte, dass all seine Schmerzen, einschließlich der des Rippenbruchs zusammen mit den Verletzungen verschwunden waren. Es war ein kleines Abschiedsgeschenk von Dschinn welcher ihm dann noch einmal die gleiche Frage, welche Lena ihm einst stellte fragte:"Aus welchem Feuer bist du geschmiedet?"
Er lachte, sah über seine Schulter und antwortete:"Ich bin mein eigenes Feuer!" Mit diesen Worten sprang er die Klippe hinunter, streckte die Arme aus und fühlte sich wie ein Vogel, welcher gerade zum Himmel aufstieg. Er tauchte ins Magma ein, versank darin als es ihn wie eine Fontäne gen Himmel hinaufschoss. In diesem Augenblick wurde Kerr mit einer Flut auf Bildern, allem Anschein nach Erinnerungen von Ivana und Dschinn selbst überschüttet. Sie waren alle so schnell, dass er sie garnicht einzeln erkennen konnte, lediglich zwei Worte, welche immer wieder auftauchten waren zu erkennen und zu hören: Feuer und Sommer.
Wieder und wieder hörte er diese Worte, spürte wie sie seinen Körper umgaben als er dem letzten Bild die Arme entgegenstreckte. Es war das Bild von dem Moment, in dem er vor Dschinn und Ivana stand, in ihre blauen und roten Augen sah kurz bevor sie seine Hände griffen, ihn zu sich zogen und riefen:"Flieg!"
Fortsetzung folgt.....