Kapitel 10 - Audienz
#11 of Drachenkrieg
Spät in der Nacht klopfte es an der Tür von Kerrs Haus. „Was? Wer kommt um diese späte Zeit denn noch zu Besuch?", fragte Kerrs Mutter, welche sich bereits auf halben Weg zu ihrem Schlafzimmer befand. Einen Moment lang hielt sie inne, wartete als es erneut klopfte. Neugierig ging sie die Treppe hinunter, öffnete die Tür und erschrak beim Anblick der Person, welche sich ihr zeigte.
Kerrs Vater, welcher durch das plötzliche Klopfen ebenfalls neugierig gemacht wurde war ebenfalls überrascht und musste zunächst schlucken, ehe er sich von dem Schrecken erholt hatte.
„Verzeiht mir, wenn ich euch zu solch später Stunde störe.", entschuldigte sich der Meháken, welcher in seiner üblichen Kleidung bestehend aus einer dünnen, schwarzen Weste und dazugehörigem Seidenrock, welcher zu seinen Knien reichte. „Aber ich bin hier auf Gesuch des Kammerdieners Sán hingeschickt worden, darf ich eintreten?" Mit einem Nicken öffnete die Mutter die Tür soweit, dass der Meháke unter ihr hindurch hinein ins Haus treten konnte. „Bitte, darf ich Kerr und Surasshu sprechen?", bat er mit einer sanften, äußerst höflichen Stimme.
Nachdem sie gehört hatten, wer nach ihnen verlangte, kamen Kerr und Surasshu so schnell es ging die Treppe hinunter und wurden sogleich von dem kühlen und sorglosen Blick des Meháken, welcher in seiner grauen Hand eine Tasse heißen Tees hielt, begrüßt. Nach einem kurzen Schluck aus der Tasse stellte der Gast sie wieder zurück auf den Tisch und stellte sich vor:"Mein Name ist Láouk und ich bin hier, um eine Einladung auszusprechen." Láouks Stimme klang wie ein zarter, tiefer Gesang, welcher von seiner dürr wirkenden Erscheinung durchaus für Verwunderung unter den Anwesenden sorgte.
Dann fuhr er fort und es schien, als würde er einen formellen Brief laut vorlesen:"Surasshu aus Ilé und Kerr aus Sommerhafen, ihr werdet hiermit eingeladen, die Schwarzwacht am morgigen Tag zu besuchen." Kerrs Eltern, welche diesem Gespräch beiwohnten reagierten mit einem entsetzten, wenn auch geehrtem aufatmen, ebenso ging es Kerr welcher seine Überraschung auch nicht in Worte fassen konnte. Surasshu hingegen blieb etwas ruhiger und richtete sein Augenmerk wieder auf Láouk, welcher erneut zu der Tasse Tee griff und aus ihr trank; würde man versuchen, anhand seiner Körpersprache seine Meinung zu dieser Einladung zu finden müsste man verzweifelt danach suchen, denn der Meháken strotzte nur so vor Ruhe und Gelassenheit.
Wenige Sekunden später stellte er die leere Tasse zurück auf den Teller, dankte für das Getränk und verabschiedete sich. Höflich hielt Kerrs Mutter ihm wieder die Tür auf und er war gerade im Begriff zu gehen, als er sich ein letztes Mal zu den beiden eingeladenen wandte:"Ich erwarte euch morgen in der Schwarzwacht, der genaue Zeitpunkt ist egal, ich werde euch schon finden." Danach verlies er das Haus und lies zwei sprachlose Elternteile sowie deren Sohn und dessen besten Freund zurück.
„Morgen...morgen sollen wir...", wiederholte Kerr ungläubig als Surasshu ihm mit einem Schulterklopfer zurückholte. „Morgen sollen wir uns in der Schwarzwacht einfinden?" Um es noch einmal zu bestätigen nickte der Drache lächelnd wohingegen der Wyvern noch immer etwas unsicher wirkte; selten wurde einem Wyvern eine solche Ehre wie sie jetzt Kerr bekam zu Teil und obwohl er sich immens darüber freute, schienen ihn die Umstände, unter welchen er eingeladen wurde deutlich Angst zu machen.
Erneut spürte er die warme Hand Surasshus auf seiner Schulter und dieses Mal nahm er sie sogar und lächelte bei der Vorstellung, was ihm morgen passieren würde.
„Jetzt bin ich aber mal gespannt, wie ihr mir das erklären wollt.", schoss es plötzlich mit väterlicher Neugierde durch den Raum. Zuerst wagte Kerr keinen Blick, doch dann bewegte er den Kopf zur Seite und sah, wie seine Mutter und sein Vater ihn mit ihren fragenden und neugierigen Blicken förmlich durchbohrten. Oh nein, ich weiß, was jetzt kommt, dachte Kerr sich nur entnervt und warnte Surasshu leise, dass sie wohl beide jetzt für eine lange Zeit hier sitzen würden um eine Menge Fragen zu beantworten.
„Unglaublich.", staunte Kerrs Vater als er die Geschichte seines Sohnes über dessen Erlebnisse der letzten zwei Monate hörte. Jedes einzelne Wort, welches Surasshu und Kerr erzählten schien viel mehr einer abenteuerlichen und erfundenen Geschichte als einer wahren Begebenheit zu ähneln und dennoch konnte er nicht anders, als seinem Sohn und dessen Freund zu glauben. Warum sonst sollte ein Meháken hierher kommen?, überlegte er abschließend und beschloss, die Befragung der beiden zu beenden. „Schließlich habt ihr beide einen ganz großen Tag!" Erleichtert atmeten die beiden Jungen auf, liesen die Schultern hinabsinken und sanken in das weiche Sofapolster. Kerrs Eltern nickten dann nur still, gingen die Treppe wieder hoch und verschwanden in ihrem Schlafzimmer, während Surasshu und Kerr noch immer auf dem Sofa saßen. Surasshu bemerkte Kerrs nervöse Körpersprache anhand seiner zuckenden Beine, dem Kauen seiner Unterlippe sowie einigen kurzen Atemstößen, welche meist aus seiner Nase kamen.
„Alles in Ordnung?", fragte Surasshu leise mit Blick zu dem Wyvern, welcher daraufhin tief Luft holte um sich wieder etwas zu beruhigen. „Nun, man wird nicht jeden Tag in die Schwarzwacht eingeladen oder?", erwiderte er mit einem leicht sarkastischen Ansatz und konnte sich ein scharfes Grinsen nicht verkneifen. Das erwiderte Surasshu lediglich mit einem kurzen Schnauben, blickte an die Decke und lies die vergangenen zwei Stunden mental noch einmal Revue passieren; sie waren nicht einmal einen Tag hier in Sommerhafen und schon wurden sie von einem Meháken dazu eingeladen, deren Festung zu besuchen.
Je länger er darüber nachdachte, desto mehr packte ihn die Neugierde nachdem, was sich wohl jenseits dieser schwarzen, unüberwindbaren Mauern befindet. Langsam drückte Kerr sich dann aus dem Sofa, streckte sich und begab sich nach oben. „Komm, gehen wir schlafen.", schlug er müde vor. „Vater hat recht: morgen steht uns noch viel bevor." Zustimmend folgte Surasshu nach oben, verschwand im Gästezimmer während Kerr vor´m Schlafengehen noch einmal das Drachenherz in die Hand nahm und es ansah. Der kleine Edelstein füllte man gerade seine Handfläche aus, glänzte in einem schwachen rot-orange und fühlte sich zudem irgendwie schwer an.
Eine Weile lang beobachtete er das pulsierende Licht im Edelstein bis er sich davon losreißen konnte und ihn auf den Nachttisch neben seinem Bett legte. Kerr wickelte sich in seine Decke, schenkte dem Drachenherz noch einen letzten Blick kurz bevor er einschlief.
Am nächsten Tag ging alles ganz schnell. Relativ früh waren Surasshu und Kerr waren dementsprechend auch früh mit ihren Vorbereitungen für den Besuch der Schwarzwacht fertig. Hellwach, mit einem vollen Magen und in ihrer üblichen Reisekleidung verließen die beiden Kerrs Haus auf den Weg zur Schwarzwacht. „Wir sollten über den Hauptplatz gehen, von dort aus hat man nicht nur die beste Sicht, sondern auch den kürzesten Weg zur Schwarzwacht.", schlug Kerr vor und führte seinen Begleiter direkt über kleine Abkürzungen zum Zentrum der Stadt, von welchem man tatsächlich einen recht guten Blick auf die Mehákenfestung hatte.
Zu dieser frühen Stunde war noch nicht sonderlich viel in der Stadt los, das einzige, was gerade geschah war das aufbauen der einzelnen Marktstände wobei man deutlich erkennen konnte, das Wyvern ein Geschick für das schnelle Aufbauen eines Standes hatten; jeder Handgriff, Hammerschlag oder aufstellen von Tischen und Bänken lies dermaßen fließend und nahtlos ab das man glauben konnte, es wären Maschinen am Werk. Einen Moment lang bestaunte Surasshu dieses Handwerk, bis Kerr ihn am Arm nahm und in Richtung ihres eigentlichen Ziels zog.
Sie gingen über die Hauptstraße hinauf in Richtung Schwarzwacht. Anfangs war der Weg noch einigermaßen leicht, doch aus der glatten Straße wurde bald eine lange, steile Treppe welche den Weg zu der Festung darstellte. Ehrfürchtig blickte Kerr die Stufen hinauf, atmete tief durch und neigte den Kopf. Neben ihm stand Surasshu welcher ihn, ohne ein Wort zu verlieren ansah und sich einige Gedanken über die Bedeutung dieser Geste machte. Was sind die Meháken für die Wyvern?, fragte er sich lediglich als Kerr seinen Kopf wieder anhob und den ersten von vielen Schritten auf der Treppe machte und Surasshu nur wenige Schritte hinter sich hatte.
Je näher und höher sie stiegen, desto mehr überkam Kerr ein mulmiges, recht nervöses und gleichzeitig auch ehrfürchtiges Gefühl bei dem Anstieg während Surasshu seine Schritte mit großen Erwartungen und Faszination machte.
Zu Beginn ihres Ganges zählten sie noch scherzhaft die Stufen in der Hoffnung das der Weg sich dadurch kürzer gestalten würde doch je mehr Stufen sie zählten und je höher sie kamen, desto mehr verging ihnen die Lust beim zählen. „Zwei..hundert....unddreißig...", keuchte Surasshu bereits mit trockener Kehle als er noch immer die Stufen emsig zählte. Jeder Schritt war anstrengend und schwer, zudem schien die Luft ein wenig dünner geworden zu sein, was sich durch die kurzen Atemzüge welche sie beide machten deutlich zeigte. „Dreihundert...fünf..." Sie kamen höher und höher und schließlich, etwa fünfzig Stufen nachdem Surasshu mit zählen aus Anstrengung aufgehört hatte erreichten sie das Ende der Treppe.
Erschöpft und kraftlos liesen sich die beiden auf den harten Steinboden fallen, spürten jeden Muskel in ihren Beinen und Füßen drücken und schmerzen ebenso wie ihre Lungen am Ende ihrer Kräfte waren und bei jedem Atemzug leicht schmerzten. Minuten später stand Kerr langsam auf, taumelte noch etwas, konnte sich jedoch fangen und holte dann erneut tief Luft ehe er Surasshu beim aufstehen half. „Nie wieder...nie wieder!", hechelte der atemlose Drache während er sich an die Umgebungsluft gewöhnte und hielt sich dabei sicherheitshalber an Kerrs Schulter fest bis er auf eigenen Beinen und ohne die Gefahr umzufallen stehen konnte. Als Surasshu sich schließlich wieder ohne fremde Hilfe auf beiden Beinen halten konnte wagte er einen Blick nach oben. Jetzt, wo er nur noch wenige hundert Meter von der Schwarzwacht entfernt stand erkannte er erst deren Schönheit in all ihrer Blüte.
Geschätzt war die Festung mehrere hundert Meter hoch, einige der aus schwarzem Stein bestehenden Türme ragten so hoch, dass sie in der dichten Wolkendecke verschwanden, andere wiederum waren miteinander über kleine Gehwege, welche wiederum mit der zentralen, imposanten schwarzen Festung im Zentrum verbunden waren. Kerr konnte den wilden Puls seines Herzens in diesem Moment deutlich denn je spüren, noch nie in seinem Leben war er der Schwarzwacht so nah gewesen und jetzt, wo ihn womöglich nur noch Minuten von ihrem Inneren trennten hatte er das Gefühl, als würde die Zeit stillstehen. Er schluckte seine Angst herunter, jedoch kam ihm diese schneller wieder hoch als er es glauben wollte.
Sein Respekt und Ehrfurcht vor den Meháken wurde durch den Anblick dieser Festung, dieser Demonstration von Macht und Schönheit nur noch mehr gefestigt das er jetzt mit geballten Fäusten tief durchatmete und dann mutig voranging. Von dem plötzlichen Sinneswandel des Wyvern überrascht, grinste Surasshu nur erleichtert und folgte ihm dann den steinernen, von beiden Seiten mit einer hohen Wand umzäunten Pfad zum großen, schwarzen Tor der Festung.
„Und was jetzt?", fragte Surasshu mit naiver Absicht, woraufhin Kerr nur mit einem kurzen Schulterzucken antwortete und ein obligatorisches Klopfen empfahl:"Die einfachsten Lösungen sind meist die besten." Zustimmend nickte der Drache, ballte eine leichte Faust und wollte gerade zum klopfen ansetzen als sich vor ihnen die große schwarze Tür mit einem lauten, schwerfälligen Geräusch nach außen hin öffnete. Kerr und Surasshu standen einem halbstarken Windstoß entgegen, stemmten sich gegen diesen während sich die Tür vollständig geöffnet hatte und sie in eine dunkle Kammer blickten.
Anfangs waren sie noch skeptisch doch davon liesen sie sich jetzt nicht mehr aufhalten und schritten voran. Gerade hatten sie den Torbogen überschritten, da schloss sich dieses mit demselben ohrenbetäubenden Geräusch mit welchem es sich wenige Minuten zuvor geöffnet hatte. Die beendete Schließung konnte man deutlich an dem lauten Knall, welchen die ineinanderfallenden Schlösser machten erkennen und ehe sich die beiden Besucher versahen, standen sie inmitten einer vollkommen finsteren Kammer.
„Sehr einladend.", scherzte Surasshu lediglich und wartete. Er fühlte sich wie genauso merkwürdig wie gestern, als die schwarzen Feder des Meháken welcher sie hierher brachte umarmten, sowohl geschützt als auch ein wenig ängstlich über das Unbekannte das ihn umgab. Gerade wollte er sich mit einer vorläufigen Analyse der Umgebung beschäftigen, da tauchte vor ihm und Kerr ein kleines, violettes Licht auf. Es hatte die Form einer Blume und ehe man sich versah erschienen immer mehr Lichter am Boden bis der gesamte Raum soweit leuchtete, dass Kerr und Surasshu sich sehen konnten. Sie nutzten die Gelegenheit und schauten sich in dem Raum um, stellten jedoch schnell fest, dass es hier außer den Blumen und einem scheinbar grünen Grasboden nichts weiter gab.
„Wie mir scheint ist das hier wohl so etwas wie eine Eingangshalle.", stellte Surasshu fest, beugte sich zu dem Gras herunter und strich mit der Hand kurz darüber. Es fühlte sich weich und lebendig an, wie frisch gewachsenes Gras im Frühling wenn man es zum ersten Mal unter seinen Füßen spüren würde. Plötzlich kam ihm ein Gedanke, bei welchem Kerr ihm jedoch bereits zuvor gekommen war: der Wyvern hatte bereits seine Stiefel ausgezogen und lies seine Füße das weiche, ein wenig kitzelnde Gefühl des Grases unter sich spüren. „Woah, fühlt sich richtig gut an...auch wenn´s ein wenig kitzelt.", sagte er begeistert als Surasshu es ihm gleichtat und ebenfalls barfuß auf dem Gras stand und seine Zehen und das Gras unter sich kräuselte. Stillschweigend teilte er die angenehme Reaktion des Wyvern auf den Boden, schwelgte für einen Moment in anderen Gedanken als ihm wieder klar wurde, weswegen sie überhaupt hier waren. „Komm, wir haben hier noch was zu erledigen."
Aus der Halle führte ein einziger Weg tiefer in die Festung hinein. Der Boden war stets mit Gras bedeckt und überall standen Gaslampen, welche die Umgebung durch Unterstützung der Blumen eine ruhige, friedliche und dennoch düstere Atmosphäre verliehen. Still und leise betraten sie die nächste Halle.
In dieser hörten sie das plätschern von Wasser, das Zirpen von Käfern sowie ein das Quaken von Fröschen. Kerr betrat eine modrige, dennoch stabile hölzerne Brücke, welche sich durch den gesamten Raum zu einem Ausgang am anderen Ende, über Teiche, an Bäumen vorbei bis zu einem steinernen Bogen welcher womöglich in eine weitere Halle führte. „Dieser gesamte Ort wirkt überhaupt nicht wie das Innere einer Festung.", meinte Surasshu fasziniert. „Vielmehr ähnelt es einem unterirdischen Garten." Kerr kicherte über diese Bemerkung und begann selber zu spekulieren, würden die Meháken sie ernsthaft einladen, nur um ihnen einen Garten zu zeigen?
Inmitten der Halle, etwa auf der Hälfte des Steges blieb Surasshu einfach, ohne einen ersichtlichen Grund stehen. In seine Nase drangen allerlei feine und angenehme Gerüche, hauptsächlich von den Blumen ein und liesen den Drachen für einen Moment verschnaufen, durchatmen und sich entspannen. Neugierig sah Kerr ihn an, hielt die Frage nach dem Grund für sein halten zurück und gönnte sich stattdessen selbst einen Moment der Ruhe und des einwirken dieser düsteren Idylle auf sich selbst.
Komisch, irgendwie ist dieser Ort ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte, dachte Kerr als er die Augen wieder öffnete und Surasshu zum weitergehen zu sich rief. „Komme!", erwiderte dieser und folgte mit schnellen Schritten über das feuchte, mit Moos bedeckte Holz. Am anderen Ende der Halle standen sie erneut vor einem aus schwarzem Stein bestehenden Torbogen, welcher sie unweigerlich in den nächsten Raum führen sollte. Das einzige, was diesen Durchgang vom letzten unterschied war der beängstigende schwarze Nebel, welcher beiden um die Knöchel strich und sie einen Moment lang an Ort und Stelle wie angewurzelt stehen lies. „Also dann.", fing Kerr an und machte den ersten Schritt. „Hinein ins Unbekannte!"
Zuerst verstand Surasshu es nicht ganz, doch als Kerr plötzlich ohne zurückzuschauen voranging folgte er ihm ohne auch nur eine Sekunde über das, was womöglich jenseits dieses Nebels lag nachzudenken. Was sich wie ein kilometerlanger Marsch anfühlte waren in Wirklichkeit gerade mal eine Minute in welcher sie den schwarzen Nebel durchdrangen hatten und eine weitere Halle traten. „Wo sind wir?", fragte Kerr mit noch nahezu völlig zugekniffenen Augen als Surasshu schluckte und einen Moment brauchte ehe er die Frage des Wyvern beantworten konnte. „Wir sind in...einer Mehákenstadt."
Sofort waren Kerrs Augen weit aufgerissen, ebenso wie ein gewaltiger Schock durch seinen Körper schoss und ihn mit einem Schlag zurück ins Leben holte. Selbst als er neben Surasshu stand und mit eigenen Augen das, was er gerade gesagt hatte sah konnte er es noch immer nicht glauben. Viel zu oft hatten seine Eltern ihm von diesen Ort erzählt. Wie das zarte Mondlicht die schwarzen Gebäude glänzen lies, wie Meháken den Himmel und Boden beschritten und vor allem die bizarre Stadt welche sich vor ihnen auftat war all die Mühen, welche sie auf dem Weg hierher erleiden mussten wert.
Aus dem Dunkel der Nacht hielt plötzlich ein Meháken auf sie zu woraufhin sie beide sicherheitshalber einen Schritt zurück machten. Vor ihren Augen ging der Meháken dann nieder, zog die Flügel wieder ein und sagte kurz nachdem er sich aufgerichtet hatte:"Es freut mich, euch hier anzutreffen." Anhand der Ruhe und dem Ton in seiner Stimme erkannte Kerr das es Láouk, welcher die beiden hierher auf Anweisung seines Vorgesetzten einlud, war. Im Vergleich zu gestern, wo sie noch im gedämmten Wohnzimmerlicht waren, wirkten seine violetten Augen nun durchaus anziehender woraufhin Surasshu kurz aufatmete. Sie sind wunderschön, dachte er als Láouk unterdes fortfuhr:"Wenn ihr mir jetzt bitte folgen würdet, man erwartet euch bereits."
Bereitwillig folgten sie ihm durch die kleinen, mit Gras und Sand bedeckten Straßen welche voller Meháken, alle mit glänzenden, roten, blauen, grünen, gelben und violetten Augen gefüllt waren. Ihre schwarzen Federn glänzten matt im Licht und liesen sie dadurch nur noch schöner und mysteriöser wirken; für Surasshu und Kerr war dieser Blick auf die Meháken sowohl faszinierend als auch bizarr zur gleichen Zeit.
Die Halle fand ihr jähes Ende an einer weiteren Treppe, bei wessen Anblick sowohl Drache als auch Wyvern vor Entsetzen stöhnten. Hiervon kurz verwirrt, zwinkerte Láouk kurz und führte sie dann die Stufen hinauf. „Kommt" Vom weichen Grasboden betraten die nackten Fuße beider Gäste auf harten, unnachgiebigen Stein hinauf in das nächste Stockwerk. Dort angekommen führte man sie durch einen schmalen Korridor welcher von Reihe aus brennenden Kerzen weitestgehend gut beleuchtet wurde. „Ziemlich rustikal.", meinte Surasshu beim Blick auf die Wände und deren Schmuck, Hauptsächlich Wandteppiche und Gemälde. „Diese Festung ist um die dreitausend Jahre alt.", verbesserte Láouk ihn und fügte hinzu, dass sie durchaus älter sein konnte. Der Korridor nahm eine Abzweigung nach links und endete vor einer hölzernen, hübsch verzierten Tür, welche von dem Meháken bereitwillig geöffnet wurde. Jenseits der Tür lag ein großes, zweistöckiges Arbeitszimmer,an dessen Wände mehrere Bücherregale eng aneinander gestellt waren. „Ich lasse euch jetzt allein. Euer Gastgeber wird gleich zu euch kommen", sagte Láouk nachdem Surasshu und Kerr das Zimmer betraten und die Tür hinter ihnen schloss.
Inmitten des Arbeitszimmers befanden sich zwei gegenüberliegende schwarze Sofas, welche von einem kleinen Tisch getrennt waren. Auf dem Tisch befand sich ein komplettes Teebesteck bestehend aus Kanne, drei Tassen, Löffel, Zucker sowie einige kleine Gebäckstücke, größtenteils Kekse und Kuchen von welche Kerr sich ohne Vorbehalt einen nahm. „Nicht nur, dass sie das gute Tafelsilber rausgeholt haben.", scherzte er, biss in den Keks und machte einige verzückte Geräusche. „Sie haben auch gleich die guten Kekse rausgeholt!" Amüsiert über Kerrs Reaktion auf die Kekse lächelte Surasshu diesen an und widmete sein Interesse dann wenig später den Bücherregalen. In einige der Bücher wagte er einen kurzen Blick hinein und merkte schnell, dass es hier vor allem Geschichtsbücher und diverse Romane gab, welche allesamt deutlich abgegriffen und alt wirkten. Hinzu kam, dass wie zu erwarten jedes Buch komplett in Mehá geschrieben war und daher auch nicht leicht zu lesen war, vor allem wenn man immer wieder ein andere Buch nahm und somit ganz von vorne anfangen musste.
Eine Stunde verging. Surasshu hatte gerade einen weiteren Buchrücken gegriffen, da öffnete sich plötzlich die Tür des Arbeitszimmers und wurde dann von einem einzelnen Meháken durchschritten. In ruhiger Anmut trat er über die Türschwelle und wurde sichtbarer je mehr er ins Licht trat. Er trug eine feine, königlich wirkende schwarz-rote Robe mit einem silbernen Saum zusammen mit einer kleinen, goldenen Krone welche in der Mitte einen einzigen Amethyst besaß und an den Seiten kleine Flügel hatte. Still ging er an Surasshu vorbei, setzte sich auf das Sofa gegenüber von Kerr und schien nur noch darauf zu warten, dass Surasshu sich setzen würde. Eilig setzte dieser sich neben Kerr dessen gespannte Augen auf den Meháken vor sich sahen.
„Es freut mich, dass ihr meiner Einladung so schnell gefolgt seit.", sprach er mit warmer Höflichkeit, hob langsam sein Haupt und zeigte seinen glühenden roten Augen ehe er sich dann schließlich vorstellte:"Mein Name ist Kylan. Ich bin der König der Meháken."
Fortsetzung folgt.....