Schattenherz Teil 28
#28 of Schattenherz Teil 1-28
Es war ein langer Ritt bis Surasshu und Ranbu die Grenze Athenas in Richtung westlichen Kontinent, Ranbus Heimat überschritten hatten. Ranbu erzählte wie der Westen von vielen langen und schwierigen Gebirgszugen durchzogen war, dazwischen waren einige dünne Wälder und diverse kleine, mittelgroße und zwei bis drei wirkliche Großstädte.
„Die Hauptstadt wurde damals in einen riesigen Berg gehämmert! Sie wurde so gebaut das sie selbst der schwersten Belagerung standhalten kann und das dann auch für eine ziemlich lange Zeit!", erzählte der ältere Drache stolz als die beiden auf ihren Pferden auf einer Landstraße entlangritten. „Es ist wirklich eine schöne Stadt."
Bereits seit zwei Tagen waren die beiden unterwegs, machten alle vier bis fünf Stunden Rast für einige Stunden, schliefen die Nacht über und ritten dann weiter. Als sie dann eines Tages unter der heißen Mittagssonne ritten fragte Surasshu Ranbu, wie er bei einem solchen Wetter Eismagie erlernen konnte.
Da seufzte Ranbu erst einmal, lachte dann und meinte, dass ein solches Wetter für das erlernen dieser Magie geradezu ideal sei, da man sich besonders anstrengen musste damit es gelingt. „Bevor man Eismagie lernt muss man als erstes das Element aus dem es besteht meistern.", erklärte Ranbu.
„Und glaub mir, ich habe sehr viel Zeit damit verbracht, Wassermagie zu lernen, ich schätze so mindestens drei bis vier Jahre brauchte ich bis ich es relativ gut konnte. Und das Eis war danach auch keine leichte Sache, vor allem weil es hier so heiß ist! Ich musste erstmal einen Ort finden an dem es einigermaßen kühl ist. Glücklicherweise fand ich nach ein paar Tagen die perfekte Höhle für mein Training: angenehm kühl, niemand der mich störte und vor allem keine lästigen Monster oder sowas in der Art."
„Und wann warst du fertig mit deinem Training?", fragte Surasshu ihn neugierig. Wieder seufzte Ranbu, dachte nach und rieb sich am Nacken bevor er antwortete:"Als ich die gesamte Höhle einfror." Eine ganze Höhle eingefroren? Damit hatte er sein Training beendet? Surasshu fand es ziemlich merkwürdig das jemand auf eine solche Art und Weise eine Ausbildung beendet, es klang nicht besonders großartig, vor allem nicht wenn er sich daran erinnerte was Ranbu damals als er auftauchte tat: da war diese gewaltige Eissäule und dann noch dieser mächtige Eishieb mit dem er die Giganten welche Pytha bedrohten ohne Mühen niedermachte.
Aber auch so wirkte Ranbu so unglaublich stark und das soll nur von dem einfrieren einer Höhle kommen? „Ich wette du fragst dich gerade wie mein Training mit dem einfrieren der Höhle zu Ende sein konnte richtig?", fragte Ranbu Surasshu mit einer gewissen Ahnung. Ertappt und nun auch errötet schaute der jüngere Drache weg von seinem Freund, welcher nur vergnügt lachte und meinte, dass sein Vater damals dasselbe Gesicht machte als er es ihm erzählte und plötzlich blieb Ranbu stehen.
„Mein Vater.....", murmelte er vor sich hin und lies den Kopf sinken. Still sah Surasshu ihn an, denn er merkte sofort was los war. Er sah wie Ranbu die Zügel nur noch schwach in Händen hielt, am ganzen Körper begann zu zittern und dann begann zu weinen. „Meine Mutter.....sie sind beide tod." Surasshu wollte etwas sagen, doch kein wort schaffte es sich aus seinen Lippen zu zwängen.
Und dann hob Ranbu wieder seinen Kopf, atmete tief durch un meinte, dass es wieder ginge. „Komm, wir sollten weiter bevor es dunkel wird.", sagte er dann und ritt voraus.
Für einen Moment sah Surasshu ihm hinterher, dann nahm er die Zügel des Pferdes und folgte. Am Abend saßen sie am Lagerfeuer und aßen die Feldrationen die sie von der Valkyr mitnahmen. „Also Ranbu.", fing Surasshu mit einem neugierigen Ton in der Stimme an. „Was war so besonders daran diese Höhle einzufrieren und warum war gerade das der Moment mit dem du dein Training für beendet erklärt hattest?"
„Um ehrlich zu sein, ich kann´s nicht richtig erklären wieso, aber tief in meinem Inneren hatte ich das Gefühl als wäre es das Ende. Nachdem ich mit der Höhle fertig wurde forderte mein Vater mich zum Kampf in dieser heraus.", antwortete Ranbu und erzählte Surasshu von seinem recht anstrengendem Kampf gegen seinen alten Herrn.
Für ihn war der Kampf damals ziemlich anstrengend, da sein Vater ein Meister der Eismagie war und er diese gerade mal in einem gewissen Rahmen gemeistert hatte. Es war ein harter Kampf in dem er ordentlich einstecken musste, mindestens dreimal flog er gegen eine gefrorene Wand und musste erst einmal tief durchatmen bevor er weitermachen konnte.
Mit bloßen Händen kämpfte, nutzte die gefronene Umgebung ebenso wie sein Vater zur Offensive und Defensive, doch gegen die flüssigen Übergänge seines Vaters war in neun von zehn Fällen machtlos. Als er dann ein weiteres mal zu Boden ging stand er recht schnell wieder auf, atmete erneut tief durch und legte dann los: er achtete nicht mehr auf seine Abwehr, sondern bombardierte seinen Vater nur noch mit einer Reihe von Angriffen.
„Erst als ich ihn mit roher Gewalt angegriffen hatte schaffte ich es seine Abwehr zu durchbrechen und ihn dann schließlich zu Boden zu schleudern, hättest sein Gesicht sehen sollen als er dalag mit mir vor über ihm.", prahlte Ranbu lächelnd und trank etwas Wasser. „Danach war er auch der Meinung das ich fertig mit dem Training sei und das er stolz auf mich war."
„Mein Vater war leider kein Magier deswegen musste ich alles so gut wie alleine lernen. Mit sechzehn war ich einigermaßen gut, also meiner Meinung nach, dass war kurz bevor ich aufgebrochen bin.", erzählte Surasshu. „Was war das für ein Gefühl als du losgegangen bist?", fragte Ranbu ihn gespannt. Nach dieser Frage legte Surasshu sich auf den Boden, sah in den Sternenhimmel und erinnerte sich an den Tag an dem er loszog, wie er Luso traf und mit ihm auch einen anderen Magier, wie sie gemeinsam nach CoralPort gingen um dort den Clan zu gründen und wie sich von da an alles entwickelt hatte bis zu dem Moment an dem sie hier darüber sprachen.
Aber das war nur ein kurze Ablenkung von der eigentlichen Frage; tatsächlich fühlte er sich etwas komisch als er losging, fast so als würde ihn etwas zurückhalten, doch als er sich immer mehr von seiner Heimat Ilé entfernte, desto mehr schien diese Kraft die ihn zurückhielt zu schwinden. „Genauso ging es mir damals auch: irgendwas hielt mich, doch mit jedem neuen Schritt den ich machte schwand es.", meinte Ranbu mit einem Lächeln.
Vor dem schlafengehen meinte Ranbu das sie morgen wahrscheinlich seine Heimatstadt, falls sie noch stehen sollte erreichen würden. „Was meinst du mit -falls sie noch stehen sollte-?", fragte Surasshu als er sich die Decke überzog. „Naja der Westen und der Norden waren damals im Krieg gegen den Osten und Süden.
Auch wenn unser Land nicht sehr oft etwas mitbekam, so waren die wenigen Angriffe dermaßen verherend das wir uns manchmal aus dem Krieg zurückziehen wollten.", antwortete Ranbu und noch bevor Surasshu fragen konnte warum sie es damals nicht taten sagte er, dass der Norden einen gewaltigen Druck auf sie machte und drohte sie gleich nachdem sie die anderen beiden Reiche erobert hatte auch zu vernichten.
„Zum Krieg gezwungen.", dachte Surasshu sich als er und Ranbu sich hinlegten und dann langsam einschliefen. Am nächsten morgen wachten die beiden auf, packten ihre Sachen zusammen und zogen weiter bis sie eine schiefergraue Stadt umgeben von Wäldern und Flüssen erreichten. „Fryl.", flüsterte Ranbu vor sich hin als er die Stadt erblickte. „Mein Zuhause." Surasshu sah die Stadt an, lächelte als er sah wie Ranbu sich über den Anblick freute und folgte ihm dann auch in die Stadt.
Die Stadt machte einen relativ geordneten Eindruck. Die Leute gingen ihrer Arbeit nach, unterhielten sich beim durchqueren der Straßen und am meisten freute ihn wie lebendig diese Stadt war. „Hier gefällt es mir irgendwie mehr als in Athena.", meinte Surasshu entspannt. „Wahrscheinlich weil es hier so ruhig, gelassen und vor allem dünner auf de Straßen ist oder?", fragte Ranbu nach auch wenn er die Antwort bereits wusste.
Der jüngere Drache nickte und sie machten kurze Zeit später halt vor einer Gaststätte. Dort nahmen sie sich als erstes ein Zimmer und dann fragte Ranbu, wo der Friedhof sei. „In der Nähe des Stadtparkes, kaum zu verfehlen.", antwortete der Gastwirt, der ältere Drache bedankte sich und ging dann mit Surasshu kurz nachdem sie ihre Sachen ins Zimmer gebracht hatten wieder los.
Wenig später erreichten sie den Friedhof und Ranbu begann sofort das Grab seiner Eltern zu suchen. Seine Suche fand schnell ihr Ende und er blieb vor zwei Grabsteinen stehen. Surasshu sah auf die Steine, las die Namen und sah dann zu Ranbu. Still stand er da, sah auf die Grabsteine und atmete ein und aus während er langsam auf die Knie ging und zu weinen begann.
„Es tut mir so leid....", brachte er lediglich heraus als er schluchzend und zitternd kniete. „Das ich nicht da war als ihr....diese Welt verlassen habt." Es dauerte seine Zeit bis Ranbu es schaffte aufzustehen, sich die Tränen aus dem Gesicht wischte und sich wieder fing. „Geht´s wieder?", fragte Surasshu ihn vorsichtig.
„Vielleicht....später...", antwortete Ranbu mit einer kaum hörbaren Stimme und ging dann in Richtung Gasthaus. Surasshu machte dann einen Schritt, blieb dann wieder stehen und fragte sich, was das für ein Gefühl sein musste, am Grab seiner Eltern die vor fast zweihundert Jahren starben zu stehen. Schon der bloße Gedanke daran lies ihn erschaudern, aber dann fragte er sich ob Ranbu hierherkam um einen Abschluss zu finden.
Und mit diesem Gedanken ging er dann auch zurück zur Herberge und versuchte dann aber auch, sich so schnell wie möglich wieder von diesem Gedanken zu trennen.
Mit gesunkenem Kopf ging Ranbu die Straße zum Gasthaus entlang. Wo er hinblickte sah er die Vergangenheit und was aus ihr geworden ist. Als er den Blick auf einen kleinen Laden hatte erinnerte er sich daran das er dort einmal Süßigkeiten gekauft hatte, jetzt war es ein Buchladen, was es davor war fragte er sich für einen Moment und ging dann weiter.
In diesem Moment fragte er sich was wohl sonst noch in den letzten Jahren passiert ist, was aus seinen Eltern wurde und wie es schließlich mit dem Krieg endete. „Ranbu!", rief jemand plötzlich und er drehte sich um. Es war Surasshu der ihn rief und ihm hinterherlief, bis er ihn schließlich erreichte und fragte, ob er ihn nicht vielleicht etwas trainieren könnte.
„Wie kommst du denn jetzt darauf?", fragte der Drache den anderen verwundert. „Nun....ich weiß auch nicht warum....vielleicht will ich dich einfach nur auf andere Gedanken bringen oder ich will einfach nur stärker werden oder ich will beides.", antwortete Surasshu ihm kopfschüttelnd. Mit einem kurzen Lächeln nickte Ranbu, sagte das er es sich überlegen würde und ihm dann morgen bescheid geben würde, für heute bräuchte er erstmal eine Pause.
Sie aßen beide zu Abend, redeten etwas und legten sich dann etwas später jeder in ihre Betten. „Es muss ziemlich komisch sein wieder hier zu sein oder Ranbu?", fragte Surasshu Ranbu im abgedunkelten Zimmer. „Mhm, vor allem wenn sich hier alles verändert hat.","Ich denke nicht das es dir hilft wenn ich sage das es mir leid tut was dir passiert ist oder?","Nicht wirklich aber danke Surasshu, der Versuch zählt auch.","Freust du dich denn wieder hier zu sein?","Auf jeden Fall. Ich wusste was mich erwartet, deswegen schockiert es mich nicht, aber ich denke das die Trauer so oder so gekommen wäre, ob ich mit ihr gerechnet hatte oder nicht."
Nach diesem Satz seufzte Ranbu, drehte sich auf die Seite und schlief dann ein, selbiges tat Surasshu wenig später.
Am nächsten Morgen wachten die beiden voller Tatendrang auf. Nach einem langen Frühstück machten sich die beiden Drachen auf zu ihrem Training. Dafür gingen sie raus aus der Stadt zu der Höhle, wo Ranbu einst sein Training beendet hatte. Als sie sich der Höhle näherten bemerkte Ranbu, dass sie noch immer teilweise gefroren war und das es hier genauso kalt war wie damals.
„Wenigstens hat sich hier kaum was verändert.", dachte er sich nur als er die Höhle betrat. Dasselbe Gefühl hatte Surasshu als er die Höhle betrat; es war komisch denn er war hier nie zuvor und doch hatte er das Gefühl diese Kälte bereits einmal erlebt zu haben. „Woher kommt nur dieses Gefühl?", fragte er sich als ihm plötzlich die Erinnerung kam!
Es war damals bei einer seiner ersten Missionen kurz nach Gründung des Clans, er und ein Banditenanführer rangelten um das Schwert als er plötzlich in einer Höhle war, sich von ihrer Kälte umschließen lies und dann mit roten gefärbten Haaren zurückkehrte. Und jetzt wieder spürte er es, die vertraute Kälte die ihn langsam umschloss, durch seine Haare und über seine Haut glitt, sie schien etwas zu flüstern, aber er konnte es nicht verstehen.
Nur für einen Moment lies er sich von diesem Gefühl mitreißen, bis ihn Ranbu plötzlich aus seiner Trance riss. Entgeistert stand der Drache da, fasste sich an den Kopf und fragte was passiert war. „Dasselbe könnte ich dich fragen!", erwiderte Ranbu und meinte, dass er für mindestens fünf Minuten vollkommen weggetreten war!
„Fünf Minuten?!", fragte Surasshu überrascht, denn für ihn waren es lediglich Sekunden die vergangen waren. Dann erzählte er Ranbu von seiner Erinnerung und wie vertraut ihm diese Höhle vorkam. „Interessant, aber auch etwas unheimlich wenn du mich fragst.", meinte Ranbu dann lediglich mit einem eher sarkastischen Lachen.
„Ich finde es auch nicht gerade klasse.", stimmte Surasshu ihm zu. „Aber wie´s scheint geht es dir ja noch gut, heißt also wir können mit unserem Training ruhig beginnen, wenn du noch willst versteht sich.", sagte Ranbu dann etwas provokant, worauf der junge Drache sofort einging:"Aber unbedingt, dafür sind wir doch hier!"
Gerade als die beiden mit dem Übungskampf beginnen wollten gab es ein helles leuchten in der Höhle. Beide Drachen hielten inne, sahen sich für einen Moment um als sie auf der anderen Seite der Höhle ein schwaches blaues Licht sahen. „Wo kommt das denn auf einmal her?", fragte Ranbu verwirrt.
„Das war hier aber nicht als ich das letzte Mal hier war!" Ohne etwas zu sagen ging Surasshu auf das Licht zu als Ranbu ihn schnell an der Schulter packte und fragte was er vorhatte. Surasshu sagte das er es sich gerne anschauen würde bevor sie mit dem Training anfangen. Ranbu lies ihn, folgte ihm aber sicherheitshalber zu dem Licht.
Sie blieben beide kurz vor dem Licht stehen. Es funkelte in verschiedenen blau-Tönen und schien völlig ungefährlich zu sein. Froh darüber das es nichts besonderes sei drehten sie sich wieder um und wollten mit dem Training anfangen, als das Licht plötzlicher größer und um Längen heller wurde, bis man schließlich nichts mehr sehen konnte.
Fortsetzung folgt.....