Die Welt des goldenen Mondes - Kapitel 8: Der Enkel
#8 of Die Welt des goldenen Mondes - Band 1: Der Letzte der Lougarou
Hallo ihr Lieben!!!
Wie immer wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!
Viele liebe Grüße von eurem Meister-Fuchs :3
Kapitel 8: Der Enkel (endgültige Version vom 04.02.2015)
Eine Weile waren sie jetzt schon unterwegs. Ganze drei Tage dauerte es, bis sie das nächste Dorf in Sichtweite bekamen. „Ich überlege mir grade, ob es vielleicht besser ist, wenn ich allein gehe und ihr hier auf mich wartet. Ich meine nur um sicher zu gehen, was denkt ihr?", erkundigte sich Reiga bei den fünf Wölfen hinter sich. Aris antwortete als Erster: „Wir müssen doch sowieso in die Richtung oder?"
Er schaute zu Kiba, worauf dieser antwortete: „Ja schon, nur was ist wenn uns wieder ein Mensch angreift? Vielleicht geht es diesmal nicht so gut aus." „Das ist ein gutes Argument", erwiderte Reiga und ausgerechnet Tiger entgegnete: „Wir sollten mitgehen." „Ich bin auch dafür", kam daraufhin von Rika und sogar der kleine Maus stimmte zu: „Ich auch." Reiga war überrascht von Maus, denn gerade er hatte das letzte Mal die meiste Angst gehabt. „Warum bist du dafür Maus?", fragte er neugierig.
Die Anderen waren alle sofort still und hörten aufmerksam zu, als der kleine Wolf seine Meinung begründete: „Ich bin dafür, weil ich finde, dass wir weniger etwas von den Menschen zu befürchten haben, wenn wir bei dir sind, als wenn wir hier allein auf dich warten." Kiba stimmte ihm daraufhin zu: „Ja, damit hat er schon recht. Wenn uns hier ein Jäger angreift, haben wir kaum eine Chance uns zu verteidigen, aber wenn du bei uns bist, sieht es schon ganz anders aus."
Reiga nickte. Er verstand worauf sie hinaus wollten und erwiderte jedoch: „Okay, aber dann müsst ihr bei mir bleiben. So nahe wie möglich und nicht wieder einfach zu einer Hausmauer laufen um zu pinkeln. Verstanden Aris!?" Dieser senkte schuldbewusst den Kopf und legte dabei die Ohren an. Unterwegs ins Dorf erklärte Reiga nochmal das Wichtigste und fügte etwas Neues hinzu: „Diesmal lauft ihr mir nicht hinterher. Rika, Maus und Kiba ihr drei lauft vor mir her. Aris du links und Tiger du rechts von mir. So hab ich euch alle am Besten im Blick und wenn irgendetwas ist, meldet euch." Die Wölfe antworteten mit ihrem: „Jawohl." Als sie kurz darauf ins Dorf kamen, stellten sie sich so auf wie Reiga es gesagt hatte.
Wie immer zur Mittagszeit waren die Menschen fleißig mit ihren scheinbar wichtigen Arbeiten und Einkäufen beschäftigt. Zum Glück fuhren auch in diesem Dorf kaum Autos herum, so konnten sie wenigstens auf der Straße laufen, um Abstand zu den Menschen halten zu können. Diese waren natürlich bereits damit beschäftig sie zu mustern, zu beobachten und anzustarren. Reiga spürte die Blicke in seinem Nacken.
Es ging nicht nur um die Wölfe, auch sein Schweif erregte Interesse. Er bewegte ihn kurz absichtlich, wedelte einmal großzügig damit und schon war, wie er hörte, sein Schweif Gesprächsthema Nr.1. Er begann zu grinsen, als er das wilde Getuschel und Geflüster hörte, weil die Leute sich fragten, wie er das gemacht hatte. Die fünf Wölfe bekamen davon nichts mit. Sie liefen scheinbar ruhig vor und neben Reiga her, jedoch waren sie enorm angespannt und hatten, wenn sie ehrlich waren, furchtbare Angst. Besonders Maus zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub und auch der große starke Tiger hatte die Hosen voll.
Reiga bemerkte das Zittern von Maus und begann sich Sorgen um seinen kleinen Freund zu machen. Er blieb stehen, wodurch auch sofort die Wölfe anhielten und ging runter auf die Knie. Er winkte Maus zu sich, worauf dieser mit gesenktem Kopf und angelegten Ohren vor Reiga trat, weil er dachte, er hätte was falsch gemacht. Sein Zittern wurde dadurch natürlich noch verstärkt, was auch Reiga bemerkte. Er streichelte ihm über den Kopf, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und erwiderte auf den fragenden Blick des kleinen Wolfes: „Du brauchst keine Angst zu haben, mein Kleiner. Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert."
Reiga versuchte ihn zu beruhigen indem er ihn umarmte und ihm dabei über seinen Rücken kraulte. Maus hatte schon bei der Umarmung die Augen geschlossen und murrte kurz zufrieden, als er das Kraulen spürte. Das Zittern hörte sofort auf und Reiga konnte spüren, wie sich das Herz des kleinen Wolfes beruhigte. Auch den Anderen nahm das die Angst und gerade als Reiga wieder aufstehen wollte, leckte Maus ihm über die Wange. Er lächelte, streichelte ihm nochmal über den Kopf und sprach dabei: „Schon gut. Kommt wir gehen weiter."
Die Sechs gingen weiter durch das Dorf und kamen kurz darauf bei einem Metzger vorbei, der wohl gerade frisches Wild geliefert bekam. Etwa 20 Hasen, ein paar Enten, anderes Federvieh was Reiga gerade nicht erkennen konnte und sogar einen Hirsch. Die Wölfe setzten sich an die Hausmauer, als Reiga in den Laden ging und freudig rief: „Guten Tag!" Der dicke Mann mit der blutverschmierten Schürze, der hinter der Theke stand, antwortete ebenfalls mit einem freudigen: „Guten Tag." „Was darf es denn sein junger Mann?", fügte er noch hinzu. Reiga sah sich kurz die Theke an und fragte einfach: „Sie bekommen gerade unter anderem einen Hirsch geliefert, richtig? Was kostet er, wenn ich ihn sofort so wie er ist mitnehme?"
Der dicke Mann rieb sich mit einem breiten Grinsen die Hände, denn das war natürlich das Beste was ihm passieren konnte, schnelles Geld ohne jede Arbeit. „Sehr schön! Ein Mann mit Geschmack, der weiß was er will", schleimte der Metzger sich bei Reiga ein und fügte hinzu: „Da du mir damit eine Menge Arbeit ersparst, werde ich ihn dir schon für 180€ überlassen. Das ist ein Top-Preis!" Reiga wusste, dass es wahr war, aber leider hatte er nur 150€. Er musste ihn also noch ein Bisschen runter drücken.
Er schaute aus dem Fenster und tat so, als ob er noch überlegte. Er musste auf den richtigen Zeitpunkt warten, an dem der Metzger am Nervösesten war und erwiderte: „150€ mehr hab ich leider nicht dabei." Dadurch das Reiga ihn hatte warten lassen, hatte der Metzger Angst bekommen er müsse vielleicht doch die ganze Arbeit machen, deshalb reagierte er sofort ohne nachzudenken: „Okay!" Kurz darauf bemerkte er seinen Fehler, doch ihm waren die 30€ jetzt eigentlich egal. Er wollte sich nur die Arbeit ersparen.
„Hast du ein Auto oder soll ich ihn dir irgendwohin liefern?", fragte der Metzger, als Reiga ihm sein ganzes Geld gab. Der schüttelte den Kopf und antwortete: „Nein danke. Ich werde ihn gleich mitnehmen." „Ach so, dann hast du also ein Auto. Ich werde den Männern draußen sagen, sie sollen ihn zu deinem Auto tragen", erwiderte der Metzger, worauf Reiga kurz lachte und antwortete: „Das ist wirklich sehr freundlich von ihnen, aber ich habe kein Auto. Ich werde ihn selbst tragen." Der Metzger musterte ihn ungläubig und entgegnete: „Sei mir nicht böse, aber das bezweifle ich doch sehr. Das Tier soll 89 Kilo wiegen. Selbst zwei ausgewachsene Männer haben damit Probleme." Reiga grinste den Mann an und antwortete, als er gerade zur Tür raus ging: „Ich weiß."
Die Wölfe wedelten bereits mit ihren Schweifen, als er raus kam. Durch ein Handzeichen zeigte er ihnen jedoch, dass sie noch warten sollten und ging zu dem Laster, der zu seiner Linken am Straßenrand stand. Sie beobachteten ihn und fragten sich was er da wollen könnte. Die Männer trugen gerade den Hirsch zur Tür, als Reiga rief: „Wartet! Ihr braucht ihn nicht reintragen." Die Männer mühten sich ab. Sie konnten den Hirsch kaum halten und setzten ihn daraufhin kurz ab. Als der Metzger durch den Lieferanteneingang kam, stimmte er Reiga zu: „Was der junge Mann sagt ist wahr. Ihr braucht ihn nicht mehr reintragen. Er hat ihn gerade gekauft."
Der Größere der beiden Männer fragte daraufhin: „Sollen wir dir den Hirsch zu deinem Auto tragen? Wo steht es denn?" Doch auch diesmal antwortete Reiga: „Ich habe kein Auto. Ich werde ihn selbst tragen." Die Männer lachten und der Kleinere fragte: „Wir können ihn zu zweit kaum tragen. Du wirst ihn nicht mal ziehen können. Wie soll das also bitte gehen?" Reiga grinste, packte den Tierkörper in der Mitte und mit einem: „Und - hoch damit!", hatte er ihn schon über der rechten Schulter liegen. „Ganz einfach so", gab Reiga grinsend als Antwort und fügte kurz darauf noch hinzu: „Hmmm, der ist leichter, als ich gedacht habe. Sind das wirklich 89 Kilo?"
Den beiden Männern und dem Metzger klappte das Kinn runter. Sie schauten Reiga fassungslos an, als sie plötzlich nur noch das Hinterteil des Hirsches sahen und die Vorderseite an Reigas Rücken herunterhing. Dieser sah zum Metzger und fragte: „Wo ist denn hier der nächste Gerber? Wäre schade um das Fell." Der dicke Mann antwortete leicht stotternd: „Die - die Straße runter, dann die - die Dritte rechts, das vierte Haus auf der link - linken Seite." Der kleinere Mann brüllte plötzlich: „Das Vieh wiegt 90 Kilo! Wie kannst du das so einfach tragen? Du müsstest zusammenbrechen wie ein Streichholz!" Doch Reiga antwortete erneut mit einem Grinsen: „Wirklich? Ich fühle mich aber gar nicht so, als würde ich gleich zusammenbrechen." Der Mann schaute ihn daraufhin wieder fassungslos an.
Reiga ging los die Straße runter und pfiff als er bemerkte, dass die Wölfe ihm nicht folgten. Sie rannten sofort los und wurden dabei erst jetzt von den Männern gesehen. Sie hatten so still an der Seite gesessen und das Ganze beobachtet, dass sie nicht aufgefallen waren. Der Größere der Männer rief Reiga noch hinterher: „Hey, warte mal! Woher hast du so viel Kraft?" Der drehte sich um und antwortete lachend: „Ich hab als Kind mein Gemüse brav aufgegessen!" Der Mann überlegte kurz, schaute zu den anderen Beiden und sagte: „Scheiße. Ich hatte immer gedacht, dass meine Mutter mich damit nur verarschen wollte." Die Beiden nickten ihm zustimmend zu und sahen zu wie Reiga um die Ecke bog.
Nach ein paar Häusern kam er an seinem Ziel an und ging durch den Lieferanteneingang in die Werkstatt des Gerbers, während die Wölfe wie immer an der Hausmauer warteten. Er setzte den Hirsch ab und kurz darauf kamen schon drei Männer angelaufen. Der Meister des Betriebes, ein älterer Mann mit einer dicken Brille und grauen Haaren, schaute sich sofort das Fell an. In nicht mal einer Minute, hatte er die Einschusslöcher gefunden und sicher schon im Kopf berechnet, für was das Fell am besten geeignet wäre.
Nach der kurzen Begutachtung des Felles fragte er schließlich: „Was willst du dafür haben?" Reiga schaute das Fell an und antwortete: „Keine Ahnung. Was würden sie mir denn bieten?" Der Meister überlegte nicht lange und antwortete: „Na ja - da es drei Einschusslöcher hat und wir das Fell erst abziehen müssen, würde ich dir 30€ anbieten." Reiga entgegnete grinsend: „Sie wissen genauso gut wie ich, dass das viel zu wenig ist. Mit den drei Einschusslöchern mögen sie recht haben, jedoch liegen die alle am Hals und dass sie das Fell erst abziehen müssen, ist für sie eher ein riesen Vorteil, da sie es sich so direkt zuschneiden können, wie sie es brauchen."
Der alte Mann fing an zu lachen und erwiderte: „Du hast mich durchschaut. Sehr gut. Okay - 70€" Reiga streckte die Hand aus und entgegnete: „90€ und wir sind im Geschäft." Der alte Mann schüttelte den Kopf, fing erneut an zu lachen und antwortete: „Na schön, aber auch nur, weil du mir so sympathisch bist."
Sie besiegelten ihre Abmachung mit einem Handschlag und der Alte befahl daraufhin den beiden Männern, die hinter ihm standen: „Ihr zwei kümmert euch um den Hirsch. Abziehen nach Vorlage C-23-F, entfernt die eine Kugel, die noch im Fleisch steckt und legt ihn ins Kühlhaus. Wenn was ist, ich bin mit dem jungen Mann in meinem Büro." Der alte Mann ging vor, doch Reiga drehte sich nochmal um. Er sah wie sich die Männer mit dem Hirsch quälten, denn er war ihnen viel zu schwer. Er entschloss sich ihnen zu helfen und ging zu ihnen rüber. Schnell und problemlos hatte er den Hirsch allein angehoben und legte ihn auf ihre Arbeitsplatte. Ziemlich erstaunt über seine Kraft, bedankten sich die Männer und begannen mit ihrer Arbeit.
Der alte Mann ging mit Reiga derweil eine Treppe rauf in das Büro des Gerbermeisters. Er setzte sich in seinen Bürosessel, holte aus einer Schublade eine Flasche Kräuterschnaps und zwei Gläser, füllte sie und gab eins Reiga. Nachdem er und Reiga die zweite Runde intus hatten, begann er zu sprechen: „Ich hätte nie gedacht mal einem von euch zu begegnen." Reiga fragte verwirrt: „Was meinen sie?"
Der Mann nahm noch einen Schluck des Schnapses und antwortete: „Ich bin jetzt seit über 70 Jahren Gerber. Ich erkenne echtes Wolfsfell, wenn ich es sehe. Du bist ein Wolfsmensch oder? Du bist ein Lougarou." Reiga hätte sich beinahe an seinem Schnaps verschluckt. Er starrte den alten Mann an und fragte: „Woher...?" Doch der fiel ihm ins Wort und entgegnete: „Nun mach dir mal nicht ins Fell. Du kannst mir vertrauen. Ist dein Rudel hier in der Nähe?" Noch immer geschockt antwortete Reiga: „Sie sitzen draußen vor ihrem Geschäft." „Dann hol sie besser rein. Es ist nicht gut, wenn hier einfach ein paar Wölfe auf der Straße herumsitzen", erwiderte der alte Mann. Reiga schaute zum Fenster und pfiff einmal kräftig.
Kurz darauf konnte man es auf der Treppe poltern hören und schließlich an der Tür kratzen. Reiga erhob sich von seinem Stuhl und öffnete sie. Die Wölfe kamen rein und schauten den merkwürdigen Menschen hinter dem Tisch an. Das Erste, was ihnen auffiel war, dass seine Haare dieselbe Farbe wie ihr Fell hatte und dass er einen seltsamen Geruch an sich hatte.
Reiga zog seinen Stuhl etwas vom Tisch weg, sodass die Wölfe genug Platz hatten, um sich vor ihn setzen zu können. „Eine schöne Rasselbande hast du da Lougarou." Die Wölfe waren geschockt, als sie die Worte des Menschen hörten. Kiba schaute Reiga fragend an, doch der schüttelte gleich den Kopf und antwortete: „Sie mich nicht so an. Ich hab nichts verraten. Er hat es allein herausgefunden."
Der alte Mann fragte kurz darauf: „Magst du mir nicht mal deine Kameraden vorstellen?" Reiga schaute wieder zu dem Mann und antwortete: „Gern." Er streichelte jedem der Wölfe einzeln über den Kopf, während er sie vorstellte: „Also das ist Kiba mit seiner Tochter Rika, dann haben wir hier unseren Tiger und das ist Aris. Der Kleine hier heißt Maus. Ach und mein Name ist Reiga." Der alte Mann erhob sich, verbeugte sich vornehm und erwiderte: „Na dann will ich mich mal vorstellen. Mein Name ist Wolfgang von Peckhold. Ich bin der Enkel von Elesmera. Freut mich sehr eure Bekanntschaft zu machen."
Die Wölfe waren erneut geschockt und Kiba fragte: „Du bist mit Meisterin Elesmera blutsverwandt?" Der alte Mann war nicht überrascht davon, dass Kiba sprechen konnte, setzte sich wieder in seinen Sessel und antwortete: „Ja stimmt. Ich bin der Sohn ihrer Tochter." Diesmal wandte Aris etwas ein: „Keinem Wolf ist bekannt, dass Meisterin Elesmera menschliche Welpen in die Welt gesetzt hat." „Dazu kann ich nichts sagen. Sie verschwand nach der Geburt meiner Mutter", erwiderte der Mann. „Helft mir mal bitte auf die Sprünge. Wer ist Elesmera?", erkundigte sich Reiga, woraufhin ihm Kiba antwortete: „Das ist deine Vorgängerin, die wir besuchen müssen."
Der alte Mann fragte etwas überrascht: „Meine Großmutter ist noch am Leben? Ich dachte sie wäre verschwunden, weil der nächste Lougarou aufgetaucht war." Kiba schaute zu ihm und antwortete: „Nein Reiga ist ihr Nachfolger. Sie lebt noch, allerdings unter einigen Qualen. Immerhin ist sie schon über 200 Jahre alt." Plötzlich klopfte es an der Tür und einer der Gerber schaute ins Zimmer. Er entschuldigte sich für die Störung und sagte: „Die Arbeit ist beendet. Es ist alles erledigt, alles sauber und alles aufgeräumt. Mit ihrer Erlaubnis würden wir jetzt Feierabend machen." Der alte Mann schaute auf seine Uhr und erwiderte verwundert: „Nanu - wie die Zeit vergeht. Es ist ja schon halb sechs. Ja natürlich - macht Feierabend." Der Mann bedankte und verabschiedete sich, dann schloss er die Tür hinter sich und ging die Treppe runter.
Herr Peckhold schaute wieder zu Reiga und erwiderte auf dessen Blick: „Ich möchte euch bitten heute Abend meine Gäste zu sein. Ich habe ein großes Gästezimmer und wenn ihr wollt, könnt ihr bei mir auch übernachten." Ohne groß darüber nachzudenken, antwortete Reiga gleich: „Ja gerne."
Nach so langer Zeit endlich mal wieder in einem Bett zu schlafen, war einfach zu verlockend. Doch Kiba wandte dann ein: „Das geht aber nicht Reiga. Wir müssen noch so weit laufen und haben nicht mehr viel Zeit. In sechs Tagen ist Vollmond, dann müssen wir am See sein." Reiga fragte enttäuscht: „Wirklich?" Der Wolf nickte und der alte Mann erkundigte sich daraufhin neugierig: „Welchen See meinst du denn?"
Kiba antwortete ihm direkt: „Es ist ein kleiner See unter einer kleinen Klippe, in dessen Wasser sich nichts spiegeln kann." Der alte Mann erkannte die Beschreibung sofort und erwiderte: „Ach ja. Du meinst sicher den alten Hexenteich im Naturschutzgebiet. Mein Großvater hat mir von ihm erzählt. Obwohl das Wasser kristallklar und absolut rein ist, kann sich darin nichts spiegeln. Die Menschen glauben, dass böse Hexen dieses Wasser verflucht haben und trauen sich deswegen seit Jahrhunderten nicht mehr dorthin."
Kiba nickte und fügte hinzu: „Genau. Jedoch hat es nichts mit euren Hexen zutun. Der See wurde von dem ersten Lougarou verzaubert. Nur der Vollmond spiegelt sich in ihm und verwandelt ihn in ein Portal, das zum Reich der Wölfe im inneren der Erde führt." Der alte Mann entgegnete lachend: „Ja so was hab ich mir schon gedacht. Wenn ihr wollt, dann kann ich euch morgen zum See fahren. Mit dem Auto sind es nur drei Stunden Fahrt." Reiga schaute zu Kiba runter, der es sich inzwischen vor ihm bequem gemacht hatte und fragte: „Und? Habt ihr Lust mal mit einem Auto zu fahren?"
Kiba überlegte nicht lange und antwortete: „Du bist der Leitwolf. Es ist allein deine Entscheidung." Reiga jedoch konterte: „Nein, das ist etwas, dass wir ruhig alle zusammen entscheiden können. Ich werde euch nicht zu etwas zwingen, was ihr nicht wollt. Mit dem Auto hätten wir natürlich uns das Laufen gespart und wir wären schon morgen da. Dazu kommt noch, dass es in einem Naturschutzgebiet liegt, das heißt das es dort hundertprozentig keine Jäger oder so was gibt. Ihr könntet euch also die restlichen fünf Tage bis zum Vollmond ausruhen und faulenzen. Also was meint ihr?", fragte er in die Runde.
Tiger verkündete als Erster stolz: „Ich war schon dafür, als du gesagt hast, dass wir uns das Laufen ersparen." Rika rief sofort: „Du fauler Hund!" Daraufhin brachen alle in freudiges Lachen aus und kurz darauf hörte man ein: „Ich bin auch dafür", von Aris. Worauf Rika und Maus gemeinsam zustimmten: ,,Wir auch." Alle sahen gespannt zu Kiba, der fragte: „Was ist? Wann habe ich denn gesagt, dass ich dagegen wäre? Natürlich bin ich auch dafür." Worauf Reiga verkündete: „Na dann ist es einstimmig beschlossen. Heute Abend sind wir Herr Peckhold's Gäste und morgen fahren wir zum See." Die fünf Wölfe antworteten schweifwedelnd im Chor mit ihrem: „Jawohl."
Herr Peckhold lachte erneut und erwiderte auf die fragenden Blicke: „Schön zu sehen, dass du anscheinend ein guter Leitwolf bist Reiga." Der grinste, schaute zu Kiba runter und küsste ihn auf die Stirn. Er streichelte Rika und Maus über die Köpfe und erwiderte: „Ich sehe mich nicht als Leitwolf eines Wolfrudels." Er streichelte auch Aris und Tiger kurz und fügte hinzu: „Ich sehe mich als Teil einer glücklichen, schweifwedelnden Familie und ich würde niemals zulassen, dass einem Mitglied dieser Familie etwas passiert." Reiga war dabei auf die Knie gegangen, umarmte die fünf Wölfen und schmuste mit ihnen.
Der alte Mann schaute sich diesen Haufen eine Weile an und verkündete: „Das ist wirklich sehr schön. Ich freue mich für euch. So eine glückliche Familie findet man bei den Menschen selten." Während Reiga noch mit den Wölfen schmuste, hörten sie alle plötzlich ein lautes Knurren. Sie brachen erneut in freudiges Lachen aus, als sie feststellten, dass es der Magen von Kiba war. „Scheint als hätte jemand aus deiner Familie einen mächtigen Hunger!", rief der alte Mann, während er weiter lachte. Reiga streichelte Kiba über den Kopf und entgegnete: „Wundert mich überhaupt nicht. Wir haben den ganzen Tag noch nichts gefressen." „Na das lässt sich zum Glück leicht ändern. Ich habe noch drei Schweine unten im Kühlraum. Die könnt ihr euch sofort vornehmen, wenn ihr wollt. Den Hirsch könnt ihr euch ja dann für morgen aufheben."
Die Wölfe mussten sich das Sabbern verkneifen. Sie winselten und bettelten Reiga an. Der erwiderte daraufhin: „Das ist wirklich sehr großzügig von ihnen." Der alte Mann erhob sich aus seinem Sessel und entgegnete direkt: „Bitte las das. Ich bin Wolfgang, denn schließlich bist du im Rang eines Meisters und wenn ich mich recht erinnere, müsste ich dich eigentlich auch mit deinem Titel ansprechen. Was die Schweine angeht, das ist schon okay. Ich wusste sowieso nicht, was ich mit denen machen sollte. Die Menschen hier essen selten Wildschwein und deswegen wollte sie auch keiner kaufen. Bevor sie schlecht werden, können sich ja deine Wölfe dran sattfressen oder? Ich meine, wäre doch schade drum." Reiga nickte und erschrak dann plötzlich: „Ach so ein Mist! Ich wollte doch noch einkaufen gehen. Wie viel Uhr haben wir Wolfgang?"
Der alte Mann holte gerade etwas Geld aus einer Schublade und schaute daraufhin auf die Uhr. „19:10 Uhr. Um 20:00 Uhr machen die Geschäfte hier zu. Du hast also noch etwas Zeit", antwortete der, ging zu Reiga rüber und gab ihm das Geld. „Aber das sind doch...?!", entgegnete er, doch Wolfgang unterbrach ihn und erwiderte: „Nimm es ruhig. Ich habe in meinem Leben schon so viel Geld ausgegeben. Es bedeutet mir nichts mehr. Auch in mir fließt das Blut eines Wolfes Reiga, wenn auch nur zum kleinen Teil. Ich möchte dir und deiner Rasselbande gerne helfen. Deshalb will ich, dass du etwas von dem Geld kaufen gehst."
Der alte Mann ging zur Tür, öffnete sie und führte die Wölfe hinaus. Reiga dagegen griff sich seinen Rucksack, den er in die Ecke gestellt hatte und steckte die 500€ ein. Sie gingen alle zusammen runter in den Kühlraum. „Da liegen sie, aber nicht hier drinnen fressen. Reiga trag sie doch bitte mal in den Raum dahinten", bat ihn der alte Mann, woraufhin der seinen Rucksack absetzte und sich dann zwei der drei felllosen Schweine schnappte. Er lief dem alten Mann hinterher, dichtgefolgt von den Wölfen.
Sie betraten kurz daraufhin einen komplett gekachelten Raum. In der Mitte des Raumes standen große Metalltische, scharfe Messer hingen an einer Magnetleiste an der Wand und überall in dem Raum waren Kanäle im Boden, die zu Abflüssen führten. „Das ist unser Raum für den Metzger. Hier zerteilt er die Tiere, die ich geliefert bekomme. Deine Wölfe können sich hier in Ruhe an den Schweinen sattfressen. Der Raum lässt sich ganz leicht reinigen", erklärte der alte Mann.
Die Wölfe betraten den Raum und begannen sofort zu winseln. Reiga schaute sich erschrocken nach ihnen um und fragte: „Was habt ihr? Wartet - ich glaub ich kann es mir schon denken. Ich spüre es auch." Kiba nickte und erklärte: „Auch wenn der Raum für einen Menschen sauber aussieht, wir können dennoch das Blut sehen, das hier geflossen ist und wir spüren die Anwesenheit des Todes." Der alte Mann drehte sich um und entgegnete: „Ja ich habe mir schon gedacht, dass ihr das sagen würdet, denn auch wenn ich nur wenig Wolf in mir habe, so spüre ich es dennoch genauso wie ihr. Nur leider geht es nicht anders. Draußen auf keinen Fall und die anderen Räume sind nicht dafür geeignet - tut mir Leid."
Die Wölfe versuchten es zu ignorieren und machten sich schon mal an die zwei Schweine. Reiga holte schnell das Dritte und wurde kurz darauf von Wolfgang etwas gefragt: „Willst du nichts fressen?" Reiga schüttelte den Kopf und antwortete: „Nein danke. Ich bin nicht an rohem Fleisch interessiert. Wenn dann überm Feuer gebraten oder so."
Der alte Mann verstand schnell und erwiderte: „Ach so. Mein Großvater hatte mir erzählt, dass Elesmera sich immer in einen Wolf verwandelt hatte, um zu fressen. Deswegen war ich eben etwas verwundert." Reiga wandte daraufhin aber ein: „Nein, die Wolfsgestalt beherrsche ich leider noch nicht. Ich kann mich bisher nur in den Wolfsmenschen verwandeln." Der alte Mann ging zu einem Wasserhahn, der aus der Wand ragte und drehte ihn etwas auf. Das kalte Wasser floss heraus und lief durch einen flachen Kanal an der Wand entlang in einen Abfluss. „Wenn ihr wollt könnt ihr hier etwas trinken und euch das Blut aus dem Fell waschen. Das Wasser ist natürlich sauber und trinkbar", rief er den Wölfen zu, während er wieder zu Reiga ging und ihn fragte: „Wolltest du nicht einkaufen gehen?"
Reiga erinnerte sich und fluchte vor sich hin. Er hatte es schon wieder vergessen. „Ach verdammt! Wie spät ist es denn jetzt?" Wolfgang schaute auf seine Armbanduhr und antwortete: „Du hast noch eine halbe Stunde. Lass die Wölfe bei mir. Du erregst mit ihnen zu viel Aufmerksamkeit. Wir gehen dann rüber in mein Haus. Es ist hier gleich links neben meinem Geschäft das Blaue. Du findest die wichtigsten Geschäfte zwei Straßen weiter."
Reiga nickte, ging noch kurz zu Kiba und flüsterte: „Kiba, ich geh schnell etwas einkaufen. Wenn ihr hier fertig seid, geht mit ihm mit in sein Haus und benehmt euch anständig. Macht nichts kaputt und wehe es pinkelt einer von euch drinnen. Wenn jemand mal muss, dann soll er es ihm sagen, er wird dann raus gelassen. Mach das den Anderen klar, verstanden?" Kiba nickte und erwiderte beleidigt: „Wir sind doch keine Welpen mehr. Wir wissen wie man sich im Revier eines anderen verhält." Diesmal nickte Reiga und fügte dabei grinsend hinzu: „Ich weiß, aber ich wollt's nur mal gesagt haben." „Jaja, schon gut", kam von Kiba, der sich dann wieder über sein Schwein hermachte. Reiga verabschiedete sich und rannte zum Lieferanteneingang raus, während der alte Mann weiter den Wölfen beim Fressen zusah.
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